Wie wird Schülerinnen- und Schülerfeedback durchgeführt?
Die Durchführung eines SF im Sinne von Individualfeedback ist ein komplexer Prozess, der sich in verschiedene Phasen gliedert.
In den Phasen 1 und 2 geht es um die Erhebung des Feedbacks, die Phasen 3 bis 5 beziehen sich auf die Auswertung der Ergebnisse, Phase 6 thematisiert die für die Wirksamkeit wichtige Ableitung von Veränderungszielen und die letzte Phase 7 gilt der Überprüfung von Veränderungen.
Für die Planungsphase bieten sich folgende Überlegungen an:
- Zu welchen Ausschnitten meines beruflichen Handelns möchte ich ein Feedback einholen? Welche Aspekte interessieren mich?
- In welcher Klasse/in welchem Fach führe ich das Feedback durch?
- Über welchen Zeitraum bzw. über welche Unterrichtssequenz möchte ich die Rückmeldungen einholen?
- Welche Methode bietet sich hier an?
- Wo finde ich passende Aspekt- bzw. Itemsammlungen oder konkrete Instrumente[1], die ich verwenden oder aus denen ich Anregungen entnehmen kann – und zwar zu den Bereichen bzw. Aspekten, die mich interessieren?
- Genügt es, in der Klasse bestehende Kenntnisse zum SF kurz aufzufrischen oder sollte ich ein längeres Gespräch über SF einplanen?
Am Ende der Planungsphase steht ein konkretes Instrument, das die Empfehlungen für ein gelingendes IF berücksichtigt.
[1] Als Instrument wird hier eine inhaltlich gefüllte Methode verstanden, also z. B. ein Fragebogen (Methode) mit bestimmten Fragen/Items (Instrument).
In dieser Phase wird das Thema SF zunächst in der Klasse besprochen.
Danach werden die Rückmeldungen von den Schülerinnen und Schülern eingeholt. Gleichzeitig oder besser schon im Vorfeld führt die Lehrkraft zu den abgefragten Aspekten eine Selbsteinschätzung durch, um Eigen- und Fremdwahrnehmung später vergleichen zu können.[1]
[1] Den Abgleich verschiedener Perspektiven zum Unterricht sieht Helmke als zentral an (z. B. Helmke, 2012, S. 284). So ist bei EMU (Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung) das Einholen beider Perspektiven durch entsprechende Lehrer- und Schülerfragebogen systematisch angelegt und eine grafische Aufbereitung im Auswertungsprogramm vorgesehen.
Die Auswertungsphase gliedert sich in mehrere Teile:
- Auswertung der Ergebnisse: Je nach Methode werden messbare Daten ausgezählt und/oder Antworten auf offene Fragen zusammengetragen – falls dies nicht durch entsprechende Software geschieht oder der Methode inhärent ist (wie z. B. bei der Zielscheibe).[1]
- Vergleich von Fremdeinschätzung und Selbsteinschätzung: Die Lehrperson überprüft, bei welchen Aspekten hier Übereinstimmung besteht und wo sich in welchem Grad Abweichungen zeigen.
- Reflexion: Der FN überlegt, inwieweit er die Ergebnisse der Fremdwahrnehmung nachvollziehen und sie annehmen kann, wo er zur Klärung nachfragen möchte und ggf. welche Handlungsalternativen für ihn bestehen.
Mit der Reflexion geht diese Phase in die nächste Phase 4 über.
[1] Bei bestimmten Methoden (v. a. der Kartenabfrage) ist auch eine gemeinsame Auswertung in der Klasse gut vorstellbar, wodurch u. a. die Technik des Clusterns geübt werden kann.
Bevor die SF-Ergebnisse mit der Klasse besprochen werden, sind für den FN folgende Fragen überlegenswert:
- Welche Ergebnisse will ich der Klasse in welcher Form zurückspiegeln?
- Welche Punkte habe ich nicht richtig verstanden, wo besteht für mich Klärungsbedarf?
- In welchen Bereichen erscheinen mir Veränderungen lohnenswert?
- Welche Veränderungen sind für mich vorstellbar, und was könnten ggf. die Lernenden selbst zur Verbesserung des Unterrichts beitragen?
Bei der Vorbereitung auf das Auswertungsgespräch mit der Klasse kann es hilfreich sein, sich mit einer Kollegin bzw. einem Kollegen des Vertrauens, z. B. dem Hospitationspartner, zu besprechen; denn nicht involvierte Drittpersonen können bei der Interpretation divergenter Wahrnehmungen helfen oder zusammen mit dem FN Handlungsalternativen ausloten.[1]
[1] Bastian u. a. (2016, S. 177 ff.) schlagen vor, dem Auswertungsgespräch im Plenum nach einer Prioritätensetzung eine Analyse der Rückmeldungen in kleineren Schülergruppen vorzuschalten.
Diese zentrale Phase kann als „Herzstück“ des Feedbackprozesses bezeichnet werden:[1] In der Klasse werden die IF-Ergebnisse vollständig oder teilweise vorgestellt, anschließend werden vom FN ausgewählte, ihm unklare Ergebnisse mit den Schülerinnen und Schülern geklärt. Zu wenigen Themen oder Aspekten, die eine weitere Bearbeitung am vordinglichsten erscheinen lassen, werden mit den Lernenden Ideen für Veränderungen im künftigen Unterricht gesammelt, die dem FN als Anregungen für Konsequenzen aus dem Feedback dienen.
Um dem Leser den Überblick über die Phasen im Gesamtablauf eines SF zu erleichtern, werden die einzelnen Schritte des Auswertungsgesprächs auf einer eigenen Seite dargestellt.
[1] Vgl. Bastian u. a. (2016, S. 176), denen zufolge „in der Gestaltung der Auswertungsgespräche das Zentrum der Entwicklung der Feedback-Arbeit liegt”. Auch Wisniewski & Zierer (2017, S. 41 f.) betonen den Austausch zwischen Lernenden und Lehrperson, der auf das Einholen der Feedbackinformationen folgt.
Mithilfe der Ideen vonseiten der Lernenden überlegt die Lehrkraft als FN, welche Veränderungen im Unterricht angestrebt werden sollen.[1] Hierbei kann ein kollegialer Austausch sehr hilfreich sein. Die Veränderungsziele teilt die Lehrkraft der Klasse mit; sie können auch das Handeln vonseiten der Klasse und einzelner oder mehrerer Schülerinnen und Schüler umfassen. Dabei informiert die Lehrkraft die Lerngruppe auch über ihre Gründe der Entscheidung, ggf. auch darüber, weshalb von Schülerinnen und Schülern gewünschte Veränderungen nicht vorgenommen werden.
[1] Dieses die Hoheit des FN respektierende Verfahren unterscheidet sich deutlich von Vorschlägen, wonach Veränderungsziele in der Diskussion mit der Klasse festgelegt oder sogar von den Lernenden schriftlich vorgeschlagen werden.
In einem gewissen zeitlichen Abstand nach Vereinbarung der Veränderungsziele wird überprüft, inwieweit diese erreicht worden sind. Dies erfolgt in der Regel in einem Gespräch mit der Klasse. Vor einem solchen Gespräch können zusätzlich schriftliche Rückmeldungen zu den Aspekten der Veränderungsziele eingeholt werden. Wenn beim IF eine quantitative Methode (Fragebogen, Zielscheibe) eingesetzt worden ist, kommt auch eine Wiederholungsbefragung in Betracht. Bei der Auswertung ist zu bedenken, dass sich der Maßstab der FG verschoben haben kann.