Was versteht man unter Individualfeedback?
Wie die QmbS-Arbeit die Qualitätsentwicklung einer Schule unterstützt, so trägt Individualfeedback zur Weiterentwicklung eines Individuums hinsichtlich seines beruflichen Handelns bei.
Der Begriff „Individualfeedback“ bezeichnet einen Prozess, der durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:
- Beim IF holt ein Individuum als Feedbacknehmer (FN) Rückmeldungen von einem Individuum oder einer Gruppe als Feedbackgeber (FG) ein.
- Die Rückmeldungen beziehen sich auf mehrere, verschiedene Aspekte im Bereich des FN-Handelns, d. h., ein IF ist umfassender als beispielsweise eine punktuelle Rückmeldung, die ebenfalls unter den Oberbegriff „Feedback“ fällt.
- Die Hoheit über das Feedbackverfahren liegt beim FN, d. h., er allein entscheidet darüber, von wem er ein Feedback einholen möchte,[1] über den Zeitpunkt, den Inhalt, die Methode sowie Konsequenzen des Feedbacks, und bei ihm liegt die Datenhoheit, d. h., er allein verfügt über die Ergebnisse.[2]
- IF konkretisiert sich in den drei Formen Schülerfeedback, kollegiale Hospitation und Führungskräftefeedback.
- Als Entwicklungsinstrument dient es dazu, das eigene Handeln mithilfe von Fremdwahrnehmungen zu reflektieren und künftig positiv zu verändern, insbesondere besser auf die Voraussetzungen und Erwartungen der Adressaten abzustimmen.
- Der FG hat Einblick in dieses Handeln bzw. in diesen Tätigkeitsbereich des FN als unmittelbar Betroffener (z. B. beim Schülerfeedback) oder als Beobachter (z. B. bei kollegialer Hospitation).
- Die Rückmeldungen sind subjektive Einschätzungen des FG, wobei sich die subjektiven Perspektiven der unterschiedlichen Beteiligten einschließlich der Person des FN gleichberechtigt gegenüberstehen.
- IF ist ein Prozess mit mehreren Phasen; wichtig sind nach dem Einholen der Rückmeldungen das Ableiten von Veränderungszielen und die spätere Überprüfung der Veränderungen.
- IF von unterschiedlichen FG zu verschiedenen Tätigkeitsbereichen seines beruflichen Handelns hilft dem FN, sich anhand der mosaikartig gespiegelten Wirkung seines Handelns in verschiedene Richtungen seiner beruflichen Tätigkeit zu professionalisieren.[3]
Durch die wiederholte Durchführung von IF wird ein individueller Kreislauf zur professionellen Weiterentwicklung eingeleitet und aufrechterhalten, also ein pdca-Zyklus auf individueller Ebene. Dessen wiederkehrende Bestandteile sind Rückmeldungen wechselnder FG, das Setzen individueller Entwicklungsziele, entsprechende Veränderungen des Handelns und eine spätere Überprüfung der selbst gesetzten Ziele.
Im Rahmen der QmbS-Arbeit an Schulen wird erwartet, dass jede Lehr- und Führungskraft verbindlich mindestens einmal pro Schuljahr ein IF einholt.[4] Ihr wird die Datenhoheit über die gewonnenen Informationen zugesichert.
[1] Bei Mitarbeitergesprächen und Unterrichtshospitationen durch Mitglieder der Schulleitung handelt es sich nicht um IF – es sei denn, die hospitierende Person ist von der Lehrkraft selbst um den Besuch gebeten worden.
[2] In der Datenhoheit liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen IF und interner Evaluation: Während die Ergebnisse des IF ausschließlich in der Hand des FN liegen, kann bei der internen Evaluation die Schule über die Daten verfügen.
[3] Das Einholen von Feedback in alle Richtungen seines beruflichen Wirkens bezeichnet man als 360-Grad-Feedback.
[4] Dieser Erwartung entsprachen zum zweiten Erhebungszeitpunkt der Evaluation von QmbS (Schuljahresbeginn 2015/16) nahezu alle befragten Lehrkräfte. Etwa zwei Drittel der Befragten gaben an, sich häufiger als einmal pro Schuljahr Feedback einzuholen; vgl. Magister & Schaal, 2017, S. 233.