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Das Drei- bzw. Vier-Wege-Modell der Schulentwicklung

Die Schulentwicklung ist in den letzten Jahren immer mehr aus ihrer anfänglichen Nischenrolle herausgetreten. Herausforderungen der Zeit bringen Prozesse in Gang, Kollegien, Schülerinnen und Schüler sowie Eltern und Erziehungsberechtigte wollen Schule neu denken.

Schulentwicklung besteht aus vielen Themenfeldern, die von unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren bespielt werden. Wie in einem Orchester ist es wichtig, sich aufeinander abzustimmen, einander zuzuhören und mal die eine, mal die andere Stimme hervortreten zu lassen. Welche Stücke gespielt werden, d. h. worum es thematisch bei Schulentwicklungsprozessen gehen kann, dazu liefert u. a. das Drei-Wege-Modell bzw. erweiterte Vier-Wege-Modell von Hans-Günther Rolff eine Basis. 

Das Drei-Wege-Modell setzt sich aus folgenden Bausteinen der Schulentwicklungsarbeit zusammen:

Organisationsentwicklung – „Lernprozess von Menschen und Organisationen“ (Rolff, 2018, S. 17)

  • aktiver, dialogischer Prozess zwischen Schulleitung und gesamter Schulgemeinschaft
  • Ziel: Optimierung schulorganisatorischer Prozesse, Abläufe
  • Themen: Change Management, agile Führung, Qualitätsmanagement, Evaluation ...

Unterrichtsentwicklung – „systematisch, teamorientiert und schulweit [...]“ (Rolff, 2018, S. 19)

  • Unterricht als Kerngeschäft
  • Ziel: beständige Verbesserung des Unterrichts
  • Zusammenspiel: Fachunterricht, Lehrpläne, Unterrichtsqualität, Kompetenzorientierung ...

Personalentwicklung – Gesamtkonzept aus „Personalfortbildung, -führung und -förderung“ (Rolff, 2018, S. 18)

  • klare, transparente Kommunikation 
  • Kooperation zwischen allen Beteiligten der Schulgemeinschaft
  • Ziel: Verbesserung des Schulklimas
  • Themen: Feedback- und Führungskultur, Kollegiale Hospitation ...

Im Vier-Wege-Modell kommt neu hinzu:

Translokale Vernetzung – Entwicklung externer Netzwerke (Rolff, 2023, S. 204)

  • Vernetzung mit anderen Schulen, externen Partnerinnen und Partnern, Landesinstituten, Hochschulen etc. schaffen und weiterentwickeln
  • Vorteile digitaler Möglichkeiten der Kommunikation / Kooperation nutzen
  • Ziel: Schule nach außen öffnen / Netzwerke nutzen
  • Themen: Kooperationen, gegenseitiges Feedback, Schule und Öffentlichkeit ...

Hans-Günther Rolff sieht einen stetigen Wandel in der Schulentwicklung, der gerade in den letzten Jahren rasant vonstatten geht. In diesem Kontext bringt er den Begriff „horizontale Schulentwicklung“ ins Spiel: 

„Horizontale Schulentwicklung ist weder Top-down noch Bottom-up konzipiert. Sie versucht vielmehr daraus resultierende Widersprüche im dialektischen Sinne »aufzuheben«. Es gibt dabei kein Top-down mehr, wohl aber die Sicherung der Rahmenbedingungen hinsichtlich der Lehrerbildung, des Curriculum und der Ressourcen. Und es gibt auch kein Bottom-up mehr; Schulen entwickeln sich nicht solitär, wohl aber in Netzwerkverbünden. [...] In der horizontal angelegten Schulentwicklung kann eine Vision bzw. eine von möglichst allen geteilte überzeugende Idee als Antrieb wirken. Hinzu kommen immer häufiger zusätzliche Anreize, indem erfolgreiche Ideenpromotoren belohnt werden, wenn sie weitere Kolleginnen und Kollegen gewinnen können.“(Rolff, 2019, S. 16f.)

Bei seiner Festrede zum „50. Netzwerktreffen Schulentwicklung“ in Berlin brachte Hans-Günther Rolff im Oktober 2022 die Grundgestalt der Schulentwicklung in Verbindung mit dem Bild einer Stimmgabel, bestehend aus den beiden Stimmgabelstäbchen „systemische“ und „systematische“ Schulentwicklung, die bildlich im Stimmgabelgriff, der „komprehensiven Schulentwicklung“ zusammenschwingen. Diese zeichnet sich grundlegend durch „Prozesshaftigkeit, lernseitige Haltung, digital gestütztes Lernen, Vertrauen/Wertschätzung sowie den Aspekt der Leitung“ aus (Rolff, 2023, S. 219), wobei beide Seiten der Stimmgabel, d. h. strukturelle und personenbezogene Faktoren, immer korrespondierend zusammenspielen und sich gegenseitig beeinflussen. Ein interessanter Ansatz, denn Schulentwicklung kann nur vorangehen, wenn alle gemeinsam etwas bewirken wollen oder: Ohne den Ton der Stimmgabel könnte wohl kein Orchester wirklich stimmig zusammenspielen! 

 

 

Literaturhinweise:

Buhren, C. G./Rolff, H.-G. (2018): Handbuch Schulentwicklung und Schulentwicklungsberatung, 2., neu ausgestattete Auflage, Weinheim/Basel (Beltz), hier v. a. S. 17.

Eickelmann, B./Gerick, J. (2018): Herausforderungen und Zielsetzungen im Kontext der Digitalisierung von Schule und Unterricht. Teil 1: Kernbereiche des Lernens mit digitalen Medien, SchulVerwaltung NRW, 29(2), vgl. S. 69ff.

Rolff, H.-G. (2016): Schulentwicklung kompakt. Modelle Instrumente, Perspektiven, 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Weinheim/Basel (Beltz), hier v. a. S. 18.

Rolff, H.-G. (2019): Wandel durch Schulentwicklung. Essays zu Bildungsreform und Schulpraxis, Weinheim/Basel (Beltz), hier v. a. S. 12.

Rolff, H.-G. (2023): Komprehensive Bildungsreform. Wie ein qualitätsorientiertes Gesamtsystem entwickelt werden kann (Beltz), hier v. a. S. 204.